Die zusätzlichen Seiten des Internetprojekts "Christuswege" zu verschiedenen anderen Religionen sind ein Beitrag zum besseren Verstehen derselben und zum interreligiösen Dialog. In dieser Extraseite werden Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen Taoismus / Konfuzianismus und dem Christentum herausgearbeitet - einem Christentum , das sich seiner eigenen spirituellen Tiefen (wieder) bewusst ist. Damit ist nicht der Anspruch verbunden, das Leben und die Traditionen von Lao-Tse oder Kon-fu-tse umfassend nachzuzeichnen. Hier werden Kernpunkte präzise behandelt.
In der traditionellen chinesischen Spiritualität sind mehrere verwandte Quellen zusammengeflossen:
1. Die ursprüngliche Lehre vom
höchsten Prinzip.
Die ursprüngliche Lehre vom
höchsten Prinzip Tao / Tai-dji, "über das nichts ausgesagt werden
kann", stellt auch die ursprüngliche Einheit am Anfang aller Dinge dar,
also vor der Teilung in die Polaritäten Yin und Yang*), und danach in die
"5 Elemente"*). Heute steht diese Ureinheit hinter diesen
Erscheinungsformen des Kosmos.
Unter den christlichen Missionaren fanden z.B.
die Jesuiten in diesem höchsten Prinzip etwas Gott Entsprechendes; während
Franziskaner- und Benediktinermönche, und schließlich der Papst widersprachen.
Das "Tao" entspricht einerseits nicht der neuen Erlebensart Gottes als
persönlich ansprechbarer "Vater", wie sie Jesus lehrte. Es ist
andererseits nicht ausgeschlossen, dass es sich um eine ältere Erlebensart bzw.
Gottsuche handelt, wie sie eben in altchinesischer Zeit möglich war.
*) Yin ist ein ausdehnendes, "weibliches" Prinzip - z.B. im Sympathikusnerv, Yang ein zusammenziehendes, "männliches" -z.B. im Parasympathikusnerv , die beide ineinanderwirken. Die "5 Elemente Erde, Wasser, Holz, Feuer, Metall" entsprechen der gleichartigen Einteilung in die 4 Erscheinungsformen bzw. Qualitäten "Erde", "Wasser", "Luft", "Feuer" = "Wärme", wie sie in der alten abendländischen Alchimie und Hermetik und in vielen anderen Kulturen gesehen werden (es gab auch christliche Alchimisten.) Das chinesische 5. Element, das sog. "Metall" wurde in Europa z.T. als "prima Materia" ("Urmaterie", vgl. moderne Elenentarteilchentheorien) bezeichnet, oder als "Äther", dem z.B. in altindischen und anthroposophischen Quellen zugeschrieben wird, dass er seinerseits weitere solche Ebenen enthält, so dass es insgesamt 7 solche Aggregatzustände wären. Solche alte Erkenntnisse würden heute nicht im engeren Sinne der Religion zugeordnet werden; sie sind aber auch keine rein spekulative Philosophie; sondern sie sind eine alte, in ihrer Art fortgeschrittene Kosmologie mit eher naturwissenschaftlichem Charakter - auch wenn sich die damaligen Erkenntnismethoden von den heutigen unterscheiden.
Das ändert nichts daran, dass die Praktiken der altchinesischen und späteren taoistischen Meister spirituellen Charakter haben. Denn die damaligen Studienergebnisse über die Rolle von "Elementen" bzw. Kräften im Menschen wurden lediglich mit berücksichtigt, weil irdische Unvollkommenheiten schwerlich zu umgehen sind, wenn es um die geistige/ geistliche Vervollkommnung geht. Das wäre eine Art von Spiritualität, die nicht versucht, vor dem Irdischen zu fliehen, im Unterschied zu einigen anderen spirituellen Traditionen. Das Vervollkommnungsstreben als Solches ist zunächst kein Gegensatz zur christlichen Lehre von der Erlösung des Menschen. Oft wird vergessen, dass Jesus sagte "Ihr sollt vollkommen sein (werden) wie Euer Vater im Himmel vollkommen ist" (Matth.5,48). Die Methoden sind jedoch unterschiedlich. Den Urchristen usw. war durchaus klar, dass sich der Mensch für das Wirken Gottes aktiv vorbereiten und öffnen kann; aber im Christentum ist es auch immer klar gewesen, dass es nicht möglich ist, Gottes Gnade durch solche Aktivitäten regelrecht zu erzwingen. Auch Gott ist frei.
Zwischen dem Geschehen im Himmel, chinesisch "T'ien", der Erde und dem Menschen - alle aus der selben Ureinheit stammend - wurden überall Entsprechungen gesehen (ähnlich wie bei den "7 Freien Künsten" der Hochschulen des abendländischen Mittelalters). So richtete sich alles Streben auf eine Harmonie des menschlichen Lebens mit dem "Himmel" - als heutiger höchster Macht - und der Erde. Dies zeigt neben dem spirituellen auch den religiösen Charakter des Strebens. Re-ligion (aus dem Lateinischen) bedeutet "Rückverbindung", "Wiederanbindung", nämlich an den Urgrund der Dinge. In christlicher Sicht ist allerdings der direkt ansprechbare Schöpfergott der Urgrund der Dinge, der Anfang und das Ende von Allem; und Jesus Christus ist wie ein Bindeglied, das uns zu dieser Verbindung mit Gott hilft.
Im Laufe der Zeit wurden im alten China auch mehrere getrennte Götter verehrt: der Himmel, Götter des Erdbodens, lokale Geister und Heilige. Der für solche Religionen gebräuchliche Begriff "Polytheismus" hilft hier jedoch nicht viel weiter, da diese "Götter" ursprünglich wie in einigen anderen Religionen lediglich Ausflüsse bzw. Qualitäten des einen Urprinzips waren (abgesehen z.B. von der Heiligenverehrung - welche allerdings einigen christlichen Kirchen bekannt vorkommen dürfte).
Auf einem solchen Weg kann die Einteilung aller Erscheinungen der Welt in Yin und Yang den Verstand des Menschen verstärkt in diesen Polaritäten festhalten; sie kann aber bei entsprechendem Streben auch über diese hinaus führen, und in einen mystischen Bewusstseinszustand.
2. Taoismus.
Das bisher Geschilderte blieb weitgehend
die gemeinsame Grundlage der später entstandenen Schulen des Lao-tse und des
Kon-fu-tse (die von Historikern meist um 500 v.Chr. herum eingeordnet wurden).
Der Taoismus (Lao-Tse: u.a. Buch
"Tao-te-king") richtete sich auf das Tun aus einer meditativen
Haltung des "Nicht-Tuns" (Wu-wei) heraus; so dass nichts aus einer
egoistischen und intellektuellen Oberflächenschicht des Menschen geschieht,
sondern aus natürlichen Instinkten des guten Kerns des Menschen - der mit der
Natur in Einklang steht. Dies ergäbe eine Art natürlicher Ethik der
Selbstlosigkeit und Bescheidenheit.
Der Gute Kern in diesem Sinne ist zwar noch nicht automatisch identisch mit
Jesus, der im Menschen im Sinne von Joh.15 Gestalt angenommen hat und fruchtbar
wirkt ("Bleibet in mir und ich in Euch"). Aber heutige Theologen
könnten heute nicht mehr ohne Weiteres Andersgläubigen einen Guten Kern
abstreiten - zumal die eng verwandte Ethik der meisten Religionen zeigt, dass
"das Gute" überall mehr oder weniger Fuß gefasst hat. Sogar der
"Heilige Geist weht, wo er will" (Joh.3).
Taoisten waren immer Praktiker, keine
Theoretiker. Im Taoismus werden zu Hilfe genommen:
- Askese. Derartiges tritt innerhalb aller Religionen auf. Es sind aber auch Praktiken zur Sublimation bzw. Transformation der
Sexualität zu finden (etwa Mantak Chia, "Tao
Yoga" und "Tao Yoga der Liebe"; die alten östlichen Wege
beginnen oft "von unten nach oben", während europäische Wege heute
stärker von "oben nach unten" beginnen würden, d.h. vom Bewusstsein
her.)
- Körper-, Atem-, und Konzentrationsübungen zur Weckung und Lenkung der
Lebensenergie "Chi". dass diese Lebensenergie existiert, darf
inzwischen durch die Erforschung der Akupunktur und der Elektroakupunktur als
real erwiesen betrachtet werden; auch wenn ihre Natur wissenschaftlich noch
nicht eindeutig geklärt ist. Die Akupunkturmeridiane sind jetzt sogar
histologisch (im Gewebe) als "leere" Kanäle nachgewiesen. Diese
Lebenskraft ist also nicht "taoistisch", wie einige Christen dachten,
sondern allgemeinmenschlich. Sie wurde in griechischer/ frühchristlicher Zeit
als "Pneuma" bezeichnet; ein griechisches Wort, das sowohl für den
Atem, als auch für die Lebenskraft - den Lebensatem, der von Gott
eingeblasen wurde -, und für den Heiligen Geist verwendet wurde. Allerdings
steht der "Heilige Geist" im Zusammenhang mit Jesus Christus. Wenn
sich also jemand nicht auf Jesus Christus einstimmt, woher will er dann wissen,
dass das, was er erlebt, identisch ist mit dem Heiligen Geist, wie ihn Jesus
ankündigte?
- Weiter gehört zum Repertoire der Taoisten, ähnlich
wie im indischen Yoga, die meditative Versenkung in den Urgrund der Dinge, um
das Erleben der Begrenztheit des Lebens zu überschreiten. Auch die
alchimistische Suche nach der Unsterblichkeit spielte eine Rolle.
3. Konfuzianismus.
Kon-fu-tse (Konfuzius) empfiehlt in verwandter Weise eine Einfügung des
Menschen in "das kosmisch-sittliche Gesetz". Statt des eher
individuellen Wegs der Taoisten suchte er jedoch mehr ein moralisches
Erziehungssystem für die Gesellschaft in ihrer Breite. Gearbeitet wird an der
bewussten Kultivierung und Vervollkommnung eines guten menschlichen Kerns, durch
Gewohnheit und Vorbilder:
Wenn in der Familie Liebe und Ehrfurcht usw. gelernt werde, ergebe sich daraus
auch eine ethische Gesellschaft.
- Seit ältester Zeit waren in China z.B. Mord, Diebstahl, Prostitution und
Bilderkult verboten.
- Wie praktisch alle Weltreligionen lehrte Kon-fu-tse "...die
Nächstenliebe: was du selbst nicht willst, das tue auch keinem Anderen".
- Hierzu gehört Selbstbeherrschung, Menschlichkeit und Güte;
- bzw. die ethischen Tugenden Wohlwollen, Rechtlichkeit, angemessenes
respektvolles Benehmen (auch gegenüber den Ahnen), Freigebigkeit, Weisheit,
Aufrichtigkeit;
- Doppeltugenden nach dem Buch Shu-djing: freundlich und würdig, milde und
fest, gerade und höflich, ordnungsliebend und respektvoll, gelehrig und kühn,
aufrichtig und sanft, nachsichtig und maßvoll, stark und zuverlässig, mutig
und gerecht.
- Angestrebt wurde eine Haltung der Zufriedenheit jenseits von Zorn, Gram und
Vergnügen.
In den alten Lehren sind sowohl zeitlose Werte, als auch zeitbedingte, auf das
einstige Kaiserreich bezogene Werte enthalten.
4. So gab es zwischen diesen Schulen manche Berührungspunkte,
aber auch manchen Streit. Dennoch wurden sie schon früh oft eher als
gegenseitige Ergänzung erlebt, statt als Gegensatz. Dies galt sogar für den
später zusätzlich aus Indien hinzugekommenen Buddhismus mit seiner auf die
Überwindung des irdischen Leidens gerichtete Lehre.
Heutige chinesische Tempel, z.B. in Hong Kong, machen oft den Eindruck von einer
recht einfachen Suche nach Orakeln bzw. Riten für das Glück im Leben. D.h. wie
mehr oder weniger bei allen heutigen Religionen ist die ursprüngliche geistige
Tiefe nicht überall zu finden.
Aus der chinesischen Tradition sind weiter die nicht direkt religiösen
Verfahren wie das Orakelbuch I Ging, die chinesischen Horoskope, die chinesische
Variante der Geomantie bzw. Baubiologie - das "Feng Shui", und die
schon erwähnte traditionelle chinesische Medizin zu erwähnen.
Ein interessantes Zeugnis einer frühen Begegnung zwischen Christen und Taoisten findet sich im Buch von Martin Palmer, "Die Jesus Sutras", Ansata: eine heute nicht mehr existierende christliche Kirche in China hat im 8. Jahrhundert wesentliche Inhalte des Christentums für ein taoistisches Umfeld verständlich gemacht. (Soweit hier Bücher Anderer erwähnt sind, heißt das nicht automatisch, dass alle ihre Inhalte unterstützt würden.)
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