Christuswege

Logo: gezeichnetes christliches Kreuz und Erdsymbol

Haupttext Teil 1, Die Schritte in den Evangelien;
Kapitel :

Das Pfingstereignis.

Zeichnung: Die Jünger an Pfingsten

Vor der Kreuzigung hatte Jesus angekündigt, dass durch sein Weggehen zum Vater der Heilige Geist, der „Tröster", der „Geist der Wahrheit" vom Vater ausgehen werde - Joh. 14,15,16.

Etwa zehn Tage nach der Himmelfahrt ist die Urgemeinde in Jerusalem zum Gebet versammelt. „Und es geschah schnell ein Brausen vom Himmel, wie ein gewaltiger Wind, und erfüllte das ganze Haus... Und es erschienen ihnen Zungen zerteilt wie von Feuer und setzten sich auf einen jeglichen unter ihnen; und wurden alle voll des Heiligen Geistes, und fingen an zu predigen mit anderen Zungen..." - Apostelgeschichte 2. Mit solchen Worten beschreibt Niemand ein gewohntes Erfülltsein nach dem Gebet. Eher schon finden wir Anklänge daran in der Praxis der Pfingstgemeinden und der Quäker. Das erste Pfingstereignis schließt sich als äußerlich wahrnehmbares Phänomen an das an, was hier im Kapitel über die Himmelfahrt beschrieben wurde, die Verbreitung der Wirksamkeit Christi auf die Jünger und deren Umkreis. Auf dem Wege des „Herabsendens" des Geistes der Wahrheit teilt sich wieder etwas mit von einem gemeinsamen Wirken von Gott und Christus. In dieser Hinsicht kann das erste Pfingsten auch als erstes Zeichen einer beginnenden „Wiederkunft Christi" gesehen werden, eines Näherkommens zumindest. Auch von dieser Warte her ist zu erwarten, dass die in Prophezeiungen enthaltene „Wiederkunft Christi" noch anders gemeint ist, als eine zweite Verkörperung als Mensch.

Anmerkung: Der „Tröster" bzw. „Geist der Wahrheit" ist, streng genommen nicht ohne weiteres gleichzusetzen mit dem „Heiligen Geist", bzw. der „Heiligen Geistin", s.u.: „Sophia".

- Der „Geist der Wahrheit" erscheint wie ein Stück von Christus selbst, welches an die Gemeinschaft mit ihm und an seine Worte erinnert, und nun den Jüngern ermöglicht, sein Werk auf der Erde weiterzuführen. Es ist seither im Grunde nicht mehr seriös, religiöse und philosophische Fragen nur im Sinne einer Geschichte literarischer Rezeption und gedanklicher Ableitung zu behandeln. Darüber ist viel geschrieben worden. Es sind andere Faktoren mit am Werk, auch im Menschen, und sie zu ertasten, darum geht es in dieser Schrift in erster Linie.

Das Erbe des Schöpfergottes, des Vaters im Menschen, insofern er „... von Gott geboren ist" - Ev. Joh.1 - wird allgemein zur bewussten Verinnerlichung angeboten im Leben Jesu; und nun wird seit dem Pfingstereignis das Erbe von Christus selbst bei den auf der Erde Verbliebenen befestigt, die es aufnehmen.

- Der Heilige Geist als „weibliche, mütterliche" spirituell-intelligente Gotteseigenschaft und -Energie wurde in verschiedenen Ebenen und Erscheinungsformen bereits vor dem Erdenleben Jesu gefunden, sowohl außerhalb des Menschen, als auch in seiner inspirierenden Wirkung auf den Menschen.
Es gibt selbst Beziehungen zum "himmlischen Manna" (Exodus, Deuteronomium, Numeri, Psalmen, Nehemia, Joshua, Johannes, Hebräerbrief, Offenbarung).

Es ist aber auch nicht völlig falsch, wenn die Begriffe „Geist der Wahrheit" und „Heiliger Geist" in Bezug auf praktische Erfahrungen gleichgesetzt werden, wie es oft geschieht. Es mag immer häufiger werden, dass Kräfte Gottes zusammen- und schließlich als Einheit wirken; so wie auch der Mensch, der ursprünglich „zum Bilde Gottes geschaffen" wurde, die Erfahrung der Ausdifferenzierung des Bewusstseins und dann auch wieder der Integration seines Wesens machen kann.

Dadurch wird auch das gemeinschaftliche Leben der Menschheit und Erde erst wirklich in der heute noch kaum feststellbaren Art in Erscheinung treten können, wie es hier anschließend im Zusammenhang mit der Johannesapokalypse in den Blick genommen wird; ohne damit zu meinen, diese Zukunft sei durchweg an heutige Vorstellungsmöglichkeiten anpassbar.

Der „Heilige Geist" ist nicht einfach Geist oder Lebensatem, Lebenskraft. Es kann zweckmäßig sein, sein anscheinend stufenweises Auftreten im Weg Christi zu verfolgen. Er wird genannt im Zusammenhang mit der Empfängnis der Maria, also zumindest im Sinne einer Mitwirkung in Bezug auf ein einzelnes Ereignis.

Er kann gefunden werden in jener Stelle, wo der persönlich anwesende Christus im Auferstehungsleib die Jünger „anbläst", und spricht „Nehmet hin den Heiligen Geist" (Joh. 20, 22) - der also hier durch ihn hindurch wirkt. Eine Reinigung ihres Wahrnehmungsvermögens bzw. im tieferen Sinn ihres Gewissens kann als Voraussetzung der Verantwortung gesehen werden, die ihnen übertragen wird bzw. die ihnen bewusstgemacht wird: „Sünden zu vergeben oder nicht(s zu tun)". Dieses Gewissen, das auch von Mystikern wie J. Lorber als Wirkung des Heiligen Geistes gesehen wird, ist nicht jenes Gemisch von biographisch geprägten Ängsten, das oft fälschlich mit Gewissen verwechselt wird, hinter dem jedoch manchmal ein Stück echtes Gewissen verborgen sein mag. Gewissen im reinsten Sinn ist auch eine bewusste innere Führung des einzelnen Menschen.

Im ersten Pfingstereignis wirkt der Heilige Geist bereits unpersönlich, direkt „kosmisch", jedoch auf vielfältige Weise entsprechend der verschiedenen Umsetzungsmöglichkeiten der davon Durchdrungenen, oder entsprechend der verschiedenen Voraussetzungen der Angesprochenen bzw. der Welt. (Zu "richten" oder) Präzise wunde Punkte zu treffen, sie durch dieses Hinschauen- Müssen aufzulösen; und wesentliche Unterschiede und Wahrheiten immer besser zu erkennen, sind Merkmale eines Bewusstseins, das vom Heiligen Geist angestoßen scheint. Wo es weniger um Auflösung von Verworrenem geht, zeigt sich dieselbe Kraft mehr als kreativ gestaltend, gemeinschaftsbildend, vervollkommnend – zu Gott führend.

Auch das 19.Jahrhundert mit seinen verschiedenen Erweckungs- und Neuoffenbarungsbewegungen, wie auch das 20.Jahrhundert kann bei genauerem Hinschauen immer neue Schübe des Heiligen Geistes und seiner Folgewirkungen erkennen lassen. Überhaupt deutet sich an, dass christliche Impulse und der Heilige Geist längst Übergänge zu jenem Gebiet ergeben, mit dem sich die Johannesapokalypse befasst, die sich der Entwicklung im Großen zuwendet.

In diesen Abschnitten der Apostelgeschichte sind mit den Jüngern auch stets Maria und die anderen Frauen bzw. Jüngerinnen „im Beten und Flehen vereint". Die Rolle der Frauen – ob redend oder wie bei Paulus „schweigend", dürfte aus verschiedenen Gründen dabei unersetzlich gewesen sein. Sie waren z. B. gefühlsmäßig empfänglicher für feine Einflüsse, und konnten diese verbal oder nicht-verbal sicherlich auch in die Runde hinein geben. Auch heute kann in Versammlungen aller, auch geistlicher Art der Unterschied beobachtet werden, wenn nicht nur Männer, sondern auch Frauen teilnehmen. Wo es dann nicht um männliches Imponiergehabe geht, kann die Veranstaltung inspirierender und befeuernder ablaufen, auch innerliche Beteiligung am Geschehen vorausgesetzt. In anthroposophischen und rosenkreuzerischen Bereichen wird Maria, die Mutter Jesu, sogar als die eigentliche Quelle gesehen, durch die hindurch der Heilige Geist auf die Jünger wirken konnte.

Hier stoßen wir auch auf das Geheimnis der „Sophia", der „Weisheit" des Alten Testaments, einer weiblichen Ausdrucksform göttlicher Kraft. Im Bereich der orthodoxen Ostkirche ist Maria vielfach mit Sophia identifiziert worden. Der Sophiologe und Visionär Solowjoff hat sie als erst in unserer Zeit in ihrer kosmischen Dimension näherkommende Wesenheit erlebt - wie dies auch für Christus angenommen wird, z.B. Steiners „ätherische Wiederkunft Christi" um 1909, u.a. Wie Jesus und Maria im Kleinen, so kann offenbar der „kosmische Christus" und Sophia als Himmelsmutter im Großen mystisch erlebt werden. S.a. Hildegunde Wöller "Ein Traum von Christus". Der Zusammenhang kann auch so ausgedrückt werden: die "mütterliche" Eigenschaft Gottes wirkt daran mit, dass die Schöpfung Gott entgegenwachsen kann, wie Gott ihr seinerseits entgegenkommt.

Feministische Theologinnen haben darauf hingewiesen, dass der Heilige Geist in der damaligen Sprache eigentlich „Heilige Geistin" hieß. Maria bzw. Sophia könnten eventuell genauer als Ausdrucksform gesehen werden, in die der Heilige Geist einfließt und Gestalt annimmt, wie im Symbol der Taube.

Aber auch in unterschiedlichen Bestrebungen der Frauenbewegungen in West und Ost kann „Sophienhaftes" gefunden werden, vgl. Dr. Susanne Schaup im Protokoll der Ev. Akademie Bad Boll zur Tagung „New Age 3: Sophia". Ähnlich kann auch „Christushaftes" nicht nur in neuen weltweiten christlichen Bestrebungen mit modellhaften Projekten wie dem „Universellen Leben" oder in Erneuerungsbestrebungen in den Kirchen, sondern auch in anderen, auch weltlichen Bewegungen gefunden werden. Kommentar des NT: „Der Geist weht wo er will, und du hörst sein Sausen wohl, aber du weißt nicht, woher er kommt, und wohin er fährt. So ist es mit Jedem, der aus dem Geist geboren ist". Joh. 3: „Der Geist weht wo er will, und du hörst sein Sausen wohl, aber du weißt nicht, woher er kommt, und wohin er fährt. So ist es mit Jedem, der aus dem Geist geboren ist"..

Das Kommende hat jedenfalls männlich-weiblichen Charakter, ist nicht mehr patriarchalisch, aber auch nicht matriarchalisch.

Während etwas vom Wirken Christi in jedem Menschen ist, wie in vorangegangenen Kapiteln erläutert wurde, kann dies nun durch den äußeren Christus und den Heiligen Geist von neuem verstärkt werden; auch durch seine Worte, aber nicht nur durch diese.

Das Gralsrittertum ging auf eine andere Art davon aus, dass vom Wirken Christi vor 2000 Jahren auf der Erde etwas verblieben ist, was vom Menschen gesucht und gefunden werden könne, der „Gral". Diese Legende berichtete, dass etwas vom Blut Jesu, das am Kreuz in die Erde tropfte, in einer Schale aufgefangen wurde. Josef von Arimathäa (Joh. 19:38) und seine Begleiter hätten es nach Frankreich oder England gerettet, und sich stets vor diesem „wundertätigen Gral" zum Gebet und zum Empfang von Inspirationen versammelt. Vgl. z. B. Robert de Boron „Die Geschichte des Heiligen Gral", um 1200 aufgeschrieben. Obwohl der Legende auch eine äußere Realität zugrunde liegen kann, fällt es ins Auge, dass die goldene Gralsschale mit ihrem Kelch oben, ihrer Verdickung in der Mitte, und ihrer Verbreiterung bzw. Öffnung nach unten den Menschen symbolisiert*; einen Menschen, der von seiner Mitte bzw. seinem Herz aus sich nach oben für den Hl. Geist, nach unten für die Erlösung der Erde öffnet; einen „erlösten Menschen", auf den „die Kreatur wartet" (Römerbrief 8, 18-28). Im Großen kann sie auch als ein Symbol einer zu Gott hin geöffneten Erde gesehen werden. Um diese Strömung herum gruppierten sich die z.T. etwas  weltabgewandt gewordenen Katharer, sprich: Ketzer, und Albigenser, Minnesänger, Troubadours. Mehrere Millionen solcher esoterischer Christen wurden vom Papsttum als vermeintliche Häretiker (Ketzer) ausgerottet. Die tiefere Bedeutung des Grals ist also noch nicht ausgeschöpft in jener anderen Legende, angebliche leibliche Nachfahren Jesu in Königsgeschlechtern seien der Gral gewesen.  *Extrafenster: Skizze des Grals

Joh. 4: „... Frau, glaube mir, es kommt die Zeit, dass Ihr weder auf diesem Berge noch in Jerusalem den Vater anbeten werdet... Es kommt die Zeit und ist schon jetzt, dass die wahrhaftigen Anbeter den Vater im Geist und in der Wahrheit anbeten werden; denn der Vater will haben, die ihn so anbeten. Gott ist Geist, und die ihn anbeten, müssen ihn im Geist und in der Wahrheit anbeten." Diese selbstbewusste, freie Haltung von Richtungen eines geistigen Christentums wäre für Institutionen nur zu verkraften, wenn sie den Mut hätten, sich auf der Basis freier Christenmenschen zu erneuern. Da solche Richtungen eines spirituellen Christentums so dezimiert wurden, dass sogar deren Inhalte nur noch schwer rekonstruierbar sind, hat sich die Kirche letztlich selbst jene Substanz an eigener spiritueller Tradition abgegraben, die sie heute langsam als Vakuum erkennen muss. Nachdem viele, z. T. auch recht zweifelhafte Angebote aus anderen Kulturen dieses Vakuum zu füllen versuchten, suchen nun auch Kirchen nach der verschollenen christlichen spirituellen Praxis.

Der berühmte Abt Joachim di Fiore (um 1100) sprach von der Zeit des Vaters – der Zeit der Gesetzesreligion des Alten Testamentes –, sowie der Zeit des Sohnes mit kirchlicher Vermittlung, und prophezeite ein drittes „Zeitalter des Heiligen Geistes" – Buchtitel Turmverlag – , wo in den Menschen selbst ihre individuelle Verbindung zu Gott wächst. Auch von dieser Prophezeiung, deren Bedeutsamkeit wir je länger je mehr erkennen können, sind Elemente direkt und indirekt in die verschiedensten Bestrebungen eingeflossen, von Luther über Marx - bis Hitler, wo sie missverstanden bzw. missbraucht wurden. Meist gibt es von solchen Missverständnissen auch ein sinnvolles Urbild.

Hier ist auch eine Anmerkung zur Unterscheidung zwischen einer Spiritualität des Heiligen Geistes und spiritistischen Praktiken angebracht. Das „Ergriffensein vom Heiligen Geist", im Idealfall ein bewusstes Aufnehmen des Heiligen Geistes, geht über das innerste Wesen des Menschen. Hypnose bzw. ekstatische Trancezustände und „Besessenheit" durch jenseitige „Geister" Verstorbener finden dabei nicht statt, und schon gar nicht deren „Beschwörung". Weder für die betreffenden Menschen, noch für Andere in der Runde ist diese Erfahrung kräfteraubend wie in einer spiritistischen Sitzung. Das Bewusstsein wird nicht eingeengt wie bei der Hypnose, sondern ausgedehnt. So mögen durchaus außergewöhnliche Wahrnehmungen in der Umgebung möglich sein, aber dann bewusst und ohne Gedächtnisverlust.

Die Wirkensweise des Heiligen Geistes wäre vereinbar sowohl mit meditativer Stille – in westlichen Kirchen fast immer fehlend – als auch mit Versuchen, dasselbe im Gegenteil durch mehr und bessere Kommunikation zu erreichen, wie dies besonders im Westen bzw. Amerika entwickelt wurde. Würden Stille und Kommunikation bzw. Inhalte miteinander verbunden – eine Chance besonders der Mentalität in der Mitte Europas –, so könnte das von Christus bzw. dem Heiligen Geist Gewollte besonders deutlich erkennbar werden. Er verkörpert vielfach Drittes jenseits östlicher oder westlicher Extreme; allerdings stets nur, wenn das Streben nicht egoistisch, d.h. nicht unethisch ist. Christus ist nur mit richtig verstandener Bescheidenheit, Ethik und dem Sinn vorstellbar, den er der Welt im Sinne einer Heilsgeschichte gab.

Der Heilige Geist kann auch nicht völlig abgelöst von dem Christus, bzw. seinen Anliegen betrachtet werden. Christus sprach dem Heiligen Geist die Eigenschaft zu, dass er die Jünger „an alles erinnern wird, was ich euch gesagt habe". Darüber hinaus sagte er: „habe ich euch noch vieles zu sagen, aber ihr könnt es jetzt noch nicht tragen. Wenn aber jener, der Geist der Wahrheit kommen wird, der wird euch in alle Wahrheit leiten."

Was immer in Richtung der Wahrheit bereinigt wird, könnte sich allerdings mit dem Heiligen Geist zur Gesamtheit jener Kräfte vereinigen, die die Erde retten wollen.

In den Lehren Christi gibt es den Menschen mit seiner Subjektivität, - aber nicht jene grenzenlose Relativierung, die nach manchen modernen philosophischen Vorstellungen keinerlei objektive Wahrheiten mehr zuließe.

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Frage:
Was hat sich mit Gott bereits in mir entwickelt, und was kommt von Gott heute entgegen?  

   

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