Christuswege

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Haupttext Teil 1, Die Schritte in den Evangelien;
Kapitel :

Die Frage nach den „Wundertaten".

Jesus handelte nicht, um die Sensationsgier vieler Menschen zu befriedigen, und schon gar nicht um Menschen durch äußere Geschehnisse zum Glauben zu zwingen. Sein ganzer Weg ist durchzogen von der inneren Klarheit, was er jeweils zu tun hatte - also nicht „wegen diesem oder jenem Umstand, um diesen oder jenen Effekt zu erzielen". Heilungen waren oft „Zeichen", Handlungen im Kleinen, die für Größeres, Grundsätzlicheres standen. Bei der Heilung des Blindgeborenen am Sabbat antwortete Jesus, dass der Grund nicht Sünden seien, „sondern dass die Werke Gottes an ihm offenbar werden sollen". Vgl. Joh. 5, 6-9; Joh. 6; Joh. 9, 3 u.a.

Zugleich ist hier sicherlich eine Erschütterung veralteter Denkmuster und ein Nachsinnen über die tiefere Bedeutung solcher Taten eine erwünschte Nebenwirkung. Dass es Menschen gibt, die hierzu die Möglichkeit des äußeren Beobachtens, Zählens, Messens, Wägens bedürfen, anerkennt Jesus im Fall des Thomas, der als „Naturwissenschaftlertypus" unter den Jüngern betrachtet werden kann. Als er ausführlich Gelegenheit bekam, äußerlich zu prüfen, ob wirklich der auferstandene Jesus Christus vor ihm stand, sagt Jesus: „sei nicht ungläubig, sondern gläubig" - Joh. 20, 19-29. D.h. die nun gemachte neue Erfahrung soll Thomas durch ehrliches und tiefgehendes Nachsinnen so umsetzen, dass die Wurzel seines Zweifels verschwindet, ihm etwas „einleuchtet". Dass Jesus dies hinterher überhaupt noch sagen muss, bedeutet auch, dass Thomas kein Skeptiker war, der nun durch die äußere Realität „erschlagen" und „zum Glauben gezwungen" worden wäre, womöglich aus Furcht vor Strafe, sondern dass Thomas auch danach seine Fähigkeit, von innen heraus zu neuen Überzeugungen zu gelangen oder nicht, behalten hatte. Trotzdem sollte er lernen, dass es noch andere Möglichkeiten des Sich- Überzeugens gibt, als das äußere Betrachten.

Jesus wusste, was Thomas angemessen war. Er wollte niemanden zwingen, was den Charakter eines Gerichts gehabt hätte, und es kann auch keine Absicht gefunden werden, irgend jemanden, der für eine Entscheidung nicht reif war, zu einer Ablehnung zu provozieren.

Auch das „Thomasevangelium" ist es wert, gelesen zu werden, eine apokryphe Sammlung von Aussprüchen Jesu, egal ob sie von Thomas selbst geschrieben wurde oder nicht. Dieser Text war auch von spirituellen Christen in Ägypten und anderswo anerkannt. 

Dementsprechend sind die „Wundertaten" Jesu auch nicht der Schwerpunkt seiner Tätigkeit gewesen. Oft tat er sie auch nur, um zu helfen, nachdem er gebeten wurde, ohne dass Menschenmengen versammelt gewesen wären, und er „bedrohte" Menschen, nichts zu erzählen.

Wenn heute allerdings Theologen/innen u.a. aus der Schule der „Entmythologisierungstheologie" Bultmanns immer noch davon ausgehen, sie könnten diese Wundertaten überhaupt wegerklären, bzw. als symbolische Beschreibung erklären, dann muss ihnen bescheinigt werden, dass sie sich an das mechanistische Welt- und Menschenbild des 19. Jahrhunderts anpassen, und dass sie neuere wissenschaftliche Strömungen einfach nicht zur Kenntnis genommen haben. Denn diese neueren Richtungen in der Quantenphysik, in der Biologie und Biophysik, der naturmedizinischen und parapsychologischen Forschung, der Astrophysik, usw. sind längst so weit, dass zumindest Anschauungshilfen darin gefunden werden können, die die „Unvorstellbarkeit" der biblischen Geschehnisse wegräumen. Das muss keine Suche nach einem „Gottesbeweis" darstellen, für den andere Ebenen als die naturwissenschaftliche zuständig wären.

Eines z.B. bleibt richtig an dieser theologischen Richtung, dass sie eine wissenschaftliche Objektivierbarkeit nicht als Voraussetzung des Glaubens für nötig hält.

Die Zeit der Einseitigkeiten der alten Aufklärung ist vorbei. Es ist auch für wissenschaftliche Geister möglich geworden zu glauben, ohne schizophren zu werden. In einer Zeit, wo die Menschen die aus der Parapsychologie bekannten Tatsachen, wie die Fähigkeiten Einzelner, Löffel aus einiger Entfernung zu verbiegen, ohne weiteres glauben – trotz soundsoviel Betrug bleibt genug Unbezweifelbares übrig –, wäre es einfach absurd, dem größeren Jesus Christus solche Möglichkeiten abzusprechen. Jesus handelte aus einem anderen Geist heraus, als aus dem Spaß am Löffelverbiegen, aber heute liegt es aus den verschiedensten Erfahrungen heraus nahe, dass Jesus tatsächlich alle Naturkräfte durchdringen konnte - und dass es gerade für heute auch durchaus wichtig ist, diesem Phänomen ins Auge zu sehen; für unser heutiges Menschenbild, für eine ganzheitliche, bzw. christliche Heilung usw. Eine solche spirituelle Sicht Jesu ist kein Gegensatz zur Wahrnehmung des „Menschensohnes" Jesus, der den Einzelnen und ihren sozialen Bezügen bzw. der Gemeinde ein äußeres Beispiel geben wollte. Vielfach führt erst die Annahme eines solchen Scheingegensatzes zur Ablehnung der „Wundertaten", weil die Betreffenden dann gutwillig meinen, falsche Tendenzen abwehren zu müssen, die von einem menschlichen und sozialkritischen Christentum wegführen. In Wirklichkeit dürfte erst Beides zusammengenommen ein annäherndes Bild der wirklichen Radikalität Jesu ergeben, und seiner Verbundenheit mit dem Willen und daher auch der Kraft des Schöpfers.

Nun können wir bei den Heilungen durch Jesus noch einen weiteren Gesichtspunkt studieren. Er verweist nicht nur, wie manche Heiler der Gegenwart, auf „kosmische Energie", die sie durch sich hindurchfließen spüren, sondern er verweist auf den Glauben, den Glauben an eine Heilungsmöglichkeit durch ihn, letztlich durch Gott über die äußerlich anschaubare Person Jesu. Die Energie ist hier nicht wesenlose Kraft; sie ist zugleich eine Wirkung des Wesens Christi. Z.B. im östlichen Yoga wird vielfach die Energie isoliert betrachtet. Auch heute gibt es Heilungen, die im ursprünglichen Sinn mit Gebet zustande kommen - und mit Bezug auf das mit Christus verbundene Innerste des Menschen -, die die Heilung und das Vollkommener werden des Menschen wollen, der dann auch laut Christus „Größeres tun" könne als er (Joh. 14,12-13).

Die spirituelle Heilung selbst und der damit verbundene seelisch-geistige Fortschritt bleiben allerdings eine nicht erzwingbare Gnade, soviel der Mensch auch zur Vorbereitung darauf tun kann.

Zu den "Gaben des Heiligen Geistes", wie der Heilungsgabe, dem "Zungenreden", und prophetischen Gaben s.a. 1. Kor. 12, 27-31; Apostelgeschichte 2, 17-20; und das Kapitel "Pfingsten" in dieser Schrift.

 

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