Christuswege

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Haupttext Teil 1, Die Schritte in den Evangelien;
Kapitel :

Zur Jordantaufe durch Johannes den Täufer.

Zeichnung: Johannes der Täufer mit Jesus

Die ursprüngliche Form der Wassertaufe war kein symbolischer Akt und keine Mitgliedserklärung an eine religiöse Gemeinschaft. Das Untertauchen durch den darin Erfahrenen, hier Johannes der Täufer, führte oft nahe am Ertrinken vorbei, stellte also eine reale Grenzerfahrung dar. Sie ähnelte insofern antiken „Einweihungen" bzw. „Einweihungsproben"; nur sind hier die möglichen psychischen Erlebnisse nicht Selbstzweck oder eine Methode zur Überwindung der Angst vor dem Tod, sondern die Taufe besiegelte den Aufruf zur „Buße"; genauer übersetzt mit „Umkehr" - nämlich zum Willen des Schöpfergottes, dessen „Himmelreich" als „näher gekommen" verkündet wurde, - Matth.3, Joh. 1.

Als Jesus um die Taufe bittet, fühlt sich Johannes nicht in der Lage, diesem noch weiterzuhelfen; er willigt ein, hat aber keine Kontrolle über das Geschehen, sondern kann nur mit ansehen, wie an Jesus eine größere Veränderung geschieht, als er sie zu vermitteln vermochte. Hatte er schon die Möglichkeit einer höheren Art von Taufe durch das Feuer des Geistes vorhergesehen, durch Einen, der nach ihm kommt, so sieht er jetzt den „Geist Gottes" auf Jesus herabkommen. Christliche Esoteriker sahen darin die eigentliche „Geburt Christi in Jesus"; das erfordert jedoch nicht die zuweilen zu findende Vorstellung von Jesus und Christus als Wesen, die vorher nichts miteinander zu tun gehabt hätten.

Allgemein kann nun die Taufe, insbesondere die „Geisttaufe" – der Begriff wird auf unterschiedliche Art z.B. in Freikirchen benützt – als einer der Schritte zu einer „Neugeburt" des Menschen gesehen werden - Joh. 3; s.a. unser vorausgehendes Kapitel "Jesus von Nazareth, seine Geburt".. Der in christlichen Bestrebungen gebräuchlichere Begriff „Wiedergeburt" wird wegen dessen möglicher Verwechslung mit Reinkarnation hier vermieden; damit soll nicht gesagt sein, dass die Frage nach der Reinkarnation in der Bibel nicht auftauche.– Matth.11,14 z.B. ist diesbezüglich interpretationsfähiger.

Statt theologisch-theoretische Auseinandersetzungen über den Charakter der Taufe entscheiden zu wollen, könnte sich das Interesse einmal darauf richten, was eine solche „Neugeburt" praktisch für den Menschen sein kann. Er kann aus einer tiefer liegenden Ebene seines Wesens heraus sein gesamtes Leben neu angehen, empfinden, und durchleuchten; aus einer Wesensschicht, die Gott zugewandt ist. Gott kann im Menschen „Gestalt annehmen", der Mensch kann so deutlicher als sein „Ebenbild" erkennbar werden; oder, wie es Mystiker ausdrücken, der liebevolle „Christusfunke" im Herzen wird mit Leben erfüllt, und beginnt im Menschen zu wachsen. Der meditativ damit umgehende Mensch kann dies auch im Bild eines Kindes wahrnehmen, das sich real entfaltet, oder auch eines Kindes mit der Mutter als Bild der Seele. Im Unterschied zu einem flüchtigen übungsmäßig erschaffenen inneren Bild zeigt sich hier eine Weiterentwicklung, die innere Entwicklungen im Menschen widerspiegelt, die nicht willkürlich ausgelöst werden können. Dieses innere Kind wird später erwachsen und ist noch später ständig bewusst gegenwärtig.

Bei weniger imaginativ Veranlagten mag sich dasselbe Phänomen mehr über das innere Fühlen oder Eindrücke gedanklicher Art äußern, oder einfach durch Verwandlungen im Leben. Kunstwerke wie die „Sixtinische Madonna" dürften auch aus Visionen entstanden sein, und können daher hilfreich sein, um zu. inneren Realitäten Zugang zu finden.

Ähnliches gilt für die meditative Betrachtung etwa des Johannesevangeliums. Siehe das Einführungskapitel mit Extraseite zu "methodischen Hinweisen".

Bei Lorber werden auf andere Weise drei Stufen auf dem „Weg zur geistigen Wiedergeburt" unterschieden (Buchtitel, Lorber-Verlag).

Ein weiteres wesentliches Merkmal eines Weges im Sinne Jesu kann sich hier zeigen: die Entwicklung und ihr Maßstab wird in den einzelnen Menschen hineinverlegt. Er kann alles aus sich heraus und im Austausch mit dem Leben entfalten, ohne zwingend einer Heilsvermittlungsinstitution zu bedürfen. Das schließt geschwisterliches Einander-Beraten nicht aus. Der Weg ist zur „Nachfolge", zum Nachvollzug gedacht.

Die „innere" Erlebensart ist indessen nicht als Ersatz für das Gebet zum „äußeren" Gott gedacht gewesen: „Bleibt in mir und ich in Euch" - Joh.15 .

Die Wassertaufe selbst nach dem Beginn der Lehrtätigkeit Jesu fortzuführen, oder gar nach der „Geisttaufe" des Pfingsterlebnisses, bestand keine zwingende Notwendigkeit. Schon bei Jesus selbst wurde sie zu einem äußeren Zeichen einer im Innern bereits gereiften neuen Entwicklungsphase. Lehrte die Täuferbewegung noch „bereuet und lasst Euch taufen", lehrten die Jünger Jesu nach der Verschmelzung mit dieser Bewegung „glaubet", d.h. öffnet Euch für die Kraft des Glaubens, „und lasst Euch taufen". Dies war u.a. ein Zugeständnis an die Anhänger des Täufers. Nun wurde jedenfalls vom Positiven her begonnen. Beide tauften Erwachsene, die sich bewusst entscheiden können. Was nicht ausschließen muss, dass es eine Art von Segen auch für Neugeborene als „Geburtsrecht" seit 2000 Jahren geben könnte; aber es wäre wohl zweckmäßiger gewesen, dies von der eigentlichen Taufe zu unterscheiden, und auch von der Frage der Mitgliedschaft in einer bestimmten Kirche. So würden sich die diesbezüglichen Auseinandersetzungen von selbst lösen.

In unvermeidlicher Anlehnung an die im alten Israel überall gegenwärtig gewesene Interpretation des angekündigten Messias als König wurde die Taufe auch als Eintritt in das neue Königreich erlebt. Es war nur wenig erfolgreich, den Menschen damals zu erklären, dass es sich jedoch nicht um ein äußeres staatliches Königreich handeln würde, und auch nicht um eine äußere Kirchenorganisation, sondern um die Gemeinschaft all Derjenigen, die Gott als ihren Vater, und sich selbst daher in ihrer Seele als von diesem Vater neugeborenen Sohn/ Tochter annehmen. Diese Sicherheit, verbunden mit der geschwisterlichen Haltung dieser „Söhne" und „Töchter" untereinander und mit dem Menschen- und Gottessohn Jesus als älterem Bruder bildeten den Kern der Lehren, die den Menschen zum Nachvollzug angeboten wurden. Im alten Israel gab es zwar neben alten, unnahbareren Gottesvorstellungen auch bereits die Vorstellung Gottes als eines Vaters. Aber er wurde dabei mehr als Vater Abrahams und des von ihm stammenden Volkes erlebt. Nur durch das Volk war Gott der Vater des Einzelnen. Höchstens ganz wenige Einzelne mögen damals zu jenem Erleben Gottes als direktem Vater des Individuums vorgestoßen sein, welches erst Jesus der Allgemeinheit brachte; eines Individuums, das sich auf dem Lebensweg von dem Einfluss Gottes in der Seele gelenkt weiß, und das mit Gott jederzeit in Kommunikation zu kommen suchen kann; eines Individuums, das durch diese Verbindung mit dem ewigen Gott auch das Überzeitliche des eigenen Wesens bereits erahnen könnte. Das wird im weiteren Verlauf des Weges Jesu deutlicher verankert, ist jedoch hier schon angelegt.

Anmerkung: Es ist möglich, dass es mehrere solche Phasen der Zurückgezogenheit gab, wie sie anschließend geschildert sind (s. nächstes Kapitel). Jedenfalls bestehen geistige Zusammenhänge zwischen der Taufe und der Stille in der Wüste.

Liberale Theologen haben die Taufe von Jesus als Berufungserlebnis ausgelegt. Aus einer traditionellen Theologie heraus wurde dagegen auch die kalendarische und prophetische Einbettung in die Weltgeschichte thematisiert (z.B. Luk.3:1-4 samt Bezug zu Jesaja 40:3-5; ): in der Prophetie geht es um ein rettendes Wirken Gottes.

Extrafenster: zur gegenwärtigen Taufe

Hilfe: zur Selbstprüfung bei der Arbeit mit diesen Haupttexten

Frage:
Kann ich - falls ich das nicht schon so erlebe - mein Leben in Gottes Hand geben ?

 

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